Donnerstag, 13. September 2012

Eifel-Tour mit viel See-Erlebnis (4)

abendlicher Dunst am Jugendstilkraftwerk

Heimbach bis Untermaubach

Von der Rurtalsperre schwingen wir uns also über Schwammenauel herab nach Heimbach. Der frühere Weg führt jetzt in veränderter Linie durch das Baugelände, bis man wieder auf die altbekannte asphaltierte Serpentine gerät. Man ist schließlich froh, wieder unten im Tal angekommen zu sein. Dort versöhnt uns die erholsame Atmosphäre des Heimbacher Stausees - eigentlich nur eine gehörige Verbreiterung der Rur zu einem regelrechten Flussquerschnitt. Nach einem knappen Kilometer ist bereits das bekannte Wasserkraftwerk erreicht, ein zauberhaft gelegenes und anzusehendes Jugendstil-Baudenkmal. Auch von innen eine Augenweide: Mit beeindruckend großen, hundert Jahre alten Turbinen produziert die RWE hier Ökostrom, faszinierend auch die urigen Anzeigeinstrumente und filigranen Leuchtkörper. Gelegenheit zur Besichtigung hat man am besten während der in Liebhaberkreisen sehr angesagten Kammerkonzert-Woche, wenn es zwar keine "frischen" Kilowattstunden gibt, aber dafür "Spannungen" (so der Name dieser alljährlichen Festspiele mit hochtalentierten jungen Künstler/innen).
Gleich nach der Kraftwerk-Lichtung verschluckt uns wieder dichter Wald. Bis Heimbach-Ort sind es noch gut zwei weitere schattige Kilometer entlang der nun wieder schmaler fließenden Rur. Der Weg fährt sich angenehm, nur ganz selten mal stört ein Auto die Ruhe, für zünftige Geräusche sorgen statt dessen einige Stauwehre mit etwas Aussichtgelegenheit. Hier bleibt keine Stromenergie ungenutzt. Für Erholungsbedürftige wäre da am Hang gleich oberhalb des Weges noch ein gemütliches Ausflugscafé im Angebot, doch wir haben alles Nötige dabei und lassen munter weiterrrollen. Dann kommt der gepflegte kleine Kurpark, den wir endlich doch zur Rast nutzen.

Mit der von hier aus gut sichtbaren, malerischen Burg im Rücken machen wir es uns auf einer schattigen Bank mit Rur-Blick einigermaßen bequem. In der Packtasche steckt bestes, home-made Müsli, das muss jetzt dran glauben, die Fahrt war lang genug und mächtiger Appetit verursacht bereits leicht Ungeduld. Nach den ersten, gehäuften Löffeln setzt wieder etwas Entspannung ein. Feinheiten der Umgebung ziehen die Blicke auf sich. Gegenüber eine Reihe von Schrebergärtchen mit baufälligen Treppenstufen zum Bachufer, das Blitzen der Strudel und Stromschnellen im Sonnenlicht, eine Holzbrücke mit Hunden, Kindern, herüberspazierenden Familien. Und dann gaukelt ein besonderer Falter durchs Sehfeld: ein lebhaft schwarz-weiß-orange gemusterter Schmetterling namens 'Spanische Flagge' - bis vor wenigen Tagen noch nie gesehen, aber hier bereits zum dritten Mal. Die Natur gibt ein Zeichen: demnächst vielleicht spanische Kellner (mit Unidiplom) im Heimbacher Eiscafé ?

Hach, so ein Päuschen macht richtig schläfrig, zum Weiterfahren muss man sich jetzt echt aufraffen. (Man könnte ja bereits in die nächste Bahn steigen...) Aber wir haben uns schließlich 'was vorgenommen und wollen noch mehr von der Landschaft sehen. Obwohl das Beste hinter uns liegt; zu bewältigen sind jetzt auch einige (kleine) Anstiege und Passagen entlang der Straße.
Das bisschen Heimbach, das unser Weg berührt, ist schnell passiert, am Kreisverkehr geht es dann gleich über die Rur. Mit gelindem Schrecken tritt eine Steigung vor Augen, die glücklicherweise sogleich wieder nach rechts abwärts verlassen werden darf. Hier herrscht unerwartet hoher Publikumsandrang. Das Freibad quillt fast über - es ist ja auch ziemlich heiß heute  - und das vielleicht letzte richtige Sommerwochenende. Wie gut, dass wir nicht auch in einem der vielen Wagen auf Parkplatzsuche herumeiern müssen, um letztlich dann vom Auto wieder einen halben Kilometer mit leichtem Kampfgepäck zurück zur Liegewiese zu latschen. Nö, mit dem Rad läßt sich dieser ganze Pulk lässig umkurven, und tschüss...

... locker weiterrollen bis zum (privaten) Campingplatz. Leider keine Durchfahrt entlang der Bachaue, die Zeichen stehen auf Umfahrung über die verkehrsreiche Talstraße. Schade, mal auf der einen, dann wieder auf der anderen Seite ohne diesem Moloch ausweichen zu können, muss man bis Hausen die Zähne zusammenbeißen und den Landschaftsgenuss einstellen. Dann endlich die Erleichterung - an der Bahnhaltestelle darf auf ein ruhiges Sträßchen abgebogen werden. Nun hat der Allmächtige zum Leidwesen der radelnden Nichtsportler vor Blens aber eine tüchtige Erhebung aufgehäuft, die bei starker Sonneneinstrahlung die zugehörigen Probleme aufwirft: absteigen, schieben, keuchen, schwitzen, jammern und fluchen.
Oben angekommen fehlt die benötigte Schattenbank, aber der Ausblick auf die schroffen Sandsteinfelsen belohnt ein wenig für erlittene Mühen. Höhe zu gewinnen, kostet eben sehr viel Kraft, schafft aber auch einzigartige Perspektiven. Manchmal ist es ganz gut, wenn man zu seinem Glück gezwungen wird. Wer sich diesem Zwang entziehen möchte, kann sich stattdessen weiter auf der Straße abmühen. Aber bitte nicht zu schnell fahren: dort herrscht strenges Tempolimit, damit die seltenen, hier in den Steilwänden brütenden Uhus nicht erschreckt werden. Oder war es wegen der vom Aussterben bedrohten Klettersportler? Nein, es sind wohl die zahlreichen, auf Gewöllesuche herumstreunenden Biologen, die sonst allzuleicht ein Opfer des unzäh fließenden Verkehrs werden könnten.
Diese ganze Problematik wird von uns großräumig umschoben bzw. nach Erreichen der Höhe locker abgerollt. Das macht wieder Spaß, so dass wir uns Blens - einem hübsch sanierten, ruhig gelegenen Dörfchen - in aufgeräumter Stimmung nähern. Der kurze Exkurs endet dann wieder ärgerlich in erneuter Ableitung auf jene vermaledeite Straße, die vor nicht allzulanger Zeit mit Erleichterung verlassen werden konnte. Dann richtig vertrackt auch noch ein langgezogener Anstieg bis nach Abenden, ganz schön zermürbend, dieser Abschnitt.

Als nächstes kommt eine Schussfahrt hinunter in den eigenartigen Ort mit seinem komischen Namen. Unsere Rollbahn trifft in einer Art Zentrum auf einen Boulevard, der rechter Hand vor einem Steilhang endet, just unter der hoch überführten Ortsumgehung. Wenn jetzt Dienstag wäre, könnte man sich für einen mäßigen Pauschalpreis im Café auf der Ecke 'á Digestion' (bis zum verdau-nix-mehr) mit allerlei Kuchenakreationen vollstopfen. Sehr verführerisch, aber nicht allererste Qualität. Neuerdings findet sich im Ort noch ein weiteres Teehaus gleichen Namens. Man sollte mal checken, ob das geschäfts-belebende Konkurrenz ist, oder was dahinter steckt. Auf der Suche nach Deftigerem sollte man ein Gartenrestaurant direkt an der Rurbrücke nicht unbeachtet lassen. Man speist dort nicht schlecht zu auskömmlichen Preisen. Eine weitere Attraktion der Rurperle Abenden: geschmackvoll sterben. Für das Endstadium wurde eine speziell auf die entsprechenden Bedürfnisse zugeschnittene Gartenwelt angelegt, die beim Gang in unsere anschließende Existenzform die zu verlassende in eine möglichst angenehme Umgebung versetzt. Ein Hauch von kräftig expandierender Esoterik umgibt jene Location. Nach der definitv letzten Radtour auf diesem Planeten werden wir uns damit noch näher beschäftigen können - so Gott will (und hoffentlich nicht allzubald).

Ein schlechtes Erlebnis sei nicht verschwiegen. An der genannten Abendener Straßenkreuzung zeigt ein Wegweiser geradeaus nach Nideggen. Da geht es leider über den Berg und nicht entlang der Rur! Wer's zu spät merkt, hat Pech gehabt. Um es kurz zu machen: man sollte weiter auf dem "RurUfer-Radweg" fahren, wobei auch dann noch Steigungen und straßenbegleitende Teilstücke (ab Nideggen-Bück) zu bewältigen sind. Unannehmlichkeiten, die durch landschaftliche Reize aufgewogen werden. Eine mies ausgeschilderte (Brücken-)Baustelle bei Zerkall ist dabei besonders negativ hervorzuheben. Zur Beruhigung trägt bei, dass man bei ansteigender Unlust alle paar hundert Meter an einer Haltestelle mit der Bahn weiterfahren könnte. In unserem Fall fiel der Entschluss in Untermaubach. So kamen wir noch an einem weiteren Gewässer, dem Stausee Obermaubach vorbei und hatten damit ein volles Tagesprogramm an See-Erscheinungen absolviert.
Angesichts der überbordenden Tageshitze fiel dann aber endgültig die Klappe - und eine tiefklimatisierte und an Haltestellen reiche Rurtalbahn transportierte Menschen mitsamt Rädern zum Tagesticketpreis über Düren nach sonstwohin. Uff, das wäre erstmal geschafft!

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